Volle Hotels, keine Gewinne

November 3, 2025

Warum Digitalisierung & KI jetzt über den Erfolg entscheiden

eine Hotel-Lobby auf der linken Seite mit 2 Personen und ein hyper-modernes Check-In-Terminal auf der anderen Seite mit einer Frau.

Wenn volle Zimmer nicht mehr reichen

In der Hotellerie klafft eine wachsende Lücke zwischen Belegung und betrieblicher Rentabilität. Trotz hoher Auslastung geraten viele Häuser wirtschaftlich unter Druck. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch ein zentraler Faktor ist besonders deutlich: die fehlende oder unzureichende digitale Transformation. Was früher als Unterstützung gedacht war, ist heute der entscheidende Wettbewerbsfaktor – und oft der Unterschied zwischen Wachstum und Stagnation.

Das Auslastungs-Paradoxon

Zahlen zeigen: Die operative Rentabilität von Hotels erreicht ihren Höhepunkt bei einer Auslastung zwischen 75 und 85 Prozent. Steigt die Belegung darüber hinaus, sinkt nicht selten die Gewinnmarge. Das liegt daran, dass zusätzliche Gäste zwar Umsatz bringen, gleichzeitig aber auch erhebliche Mehrkosten verursachen – etwa im Housekeeping, bei der Verpflegung oder im Service. Besonders problematisch wird es, wenn Zimmerpreise gesenkt werden, um die Auslastung künstlich zu erhöhen. Die Mehrkosten übersteigen dann schnell den zusätzlichen Umsatz, wodurch am Ende weniger im Betriebsergebnis übrig bleibt.

Der Wandel im Gästeverhalten

Parallel zur wirtschaftlichen Schere verändert sich das Konsumverhalten der Gäste. Insbesondere die Generation Z – geboren zwischen 1997 und 2012 – bringt neue Erwartungen in die Hotellerie. Diese Generation ist vollständig digital aufgewachsen und erwartet von der Buchung bis zum Check-out ein nahtloses, technologiegestütztes Erlebnis. Informationen werden über soziale Medien wie Instagram, TikTok oder YouTube eingeholt. Entscheidungen fallen oft auf Basis von Bewertungen, digitalen Eindrücken und der Usability von Hotel-Websites oder Apps.

Mobile Check-in, digitale Zimmerschlüssel, Echtzeit-Kommunikation via Chatbots oder App, kontaktloser Service und personalisierte Angebote sind keine Zukunftsmusik mehr – sie sind heute Mindestanforderung. Hinzu kommt ein stark ausgeprägtes Bedürfnis nach Nachhaltigkeit, Authentizität und Transparenz. Standardisierte Angebote und klassische Luxusmerkmale treten in den Hintergrund. Stattdessen suchen viele Reisende nach individuellen Erlebnissen, lokaler Verankerung und glaubwürdiger Kommunikation.

Technologischer Rückstand und seine Folgen

Viele Hotels versuchen, diesen veränderten Erwartungen mit punktuellen Investitionen zu begegnen. Oft geschieht das jedoch ohne übergreifende Strategie. Neue Technologien werden auf bestehende, häufig veraltete Systeme aufgesetzt – ohne klare Integration. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich aus Anwendungen, die nicht miteinander kommunizieren. Die Folge sind technische Schulden, steigende IT-Kosten und eine zunehmende Komplexität im Betrieb. Anstatt Prozesse zu vereinfachen, entstehen neue Abhängigkeiten und Fehlerquellen.

Der digitale Rückstand betrifft dabei nicht nur große Systemlösungen, sondern auch grundlegende operative Prozesse. Viele Hotels arbeiten weiterhin mit Excel-Listen, papierbasierten Checklisten und nicht automatisierten Abläufen. In einer Zeit, in der Effizienz entscheidend ist, führt das zu vermeidbaren Kosten und einem eingeschränkten Handlungsspielraum.

Künstliche Intelligenz: Potenziale erkennen und nutzen

Ein Bereich mit großem ungenutztem Potenzial ist der Einsatz künstlicher Intelligenz. KI kann nicht nur Prozesse automatisieren, sondern auch Erkenntnisse aus großen Datenmengen gewinnen. So lassen sich etwa Buchungsverhalten, Gästebedürfnisse oder Auslastungstrends in Echtzeit analysieren und entsprechende Entscheidungen treffen.

In der Praxis bedeutet das: Mit Hilfe von Machine-Learning-Modellen können Preisstrategien dynamisch angepasst werden. Auch Upselling-Angebote oder Zusatzleistungen lassen sich individualisiert ausspielen – abhängig von der jeweiligen Zielgruppe, Reiseanlass oder Aufenthaltsdauer. Gleichzeitig unterstützt KI die Prozessoptimierung im Backoffice: von der Lagerverwaltung über Housekeeping-Logistik bis hin zur Personalplanung. Sprachgesteuerte Systeme oder Chatbots ermöglichen rund um die Uhr Erreichbarkeit, ohne Personal zu binden.

Die strukturellen Herausforderungen

Trotz technologischer Fortschritte stehen Hotels weiterhin vor grundlegenden Herausforderungen. Der Fachkräftemangel bleibt eines der zentralen Probleme – viele Betriebe haben Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden und langfristig zu binden. Steigende Löhne, neue gesetzliche Anforderungen und höhere Ansprüche an die Arbeitgeberattraktivität erhöhen den Druck zusätzlich.

Gleichzeitig kämpfen viele Hotels mit ihrer Abhängigkeit von Online-Buchungsplattformen. Provisionen von 15 bis 25 Prozent drücken auf die Marge. Obwohl Direktbuchungen über die eigene Website wirtschaftlich sinnvoller wären, fehlt es oft an Sichtbarkeit, digitalem Marketing oder einer überzeugenden User Experience.

Nachhaltigkeit als betrieblicher Standard

Ein weiterer Aspekt, der für Gäste zunehmend entscheidend ist, betrifft die ökologische Nachhaltigkeit. Recyclingkonzepte, energiesparende Infrastruktur, lokale Lieferketten oder der bewusste Umgang mit Ressourcen sind nicht mehr nur Zusatzargumente – sie sind fester Bestandteil der Entscheidungsfindung. Hotels, die hier keine glaubwürdigen Konzepte vorweisen, riskieren nicht nur den Verlust jüngerer Zielgruppen, sondern geraten auch regulatorisch unter Druck.

Dabei geht es nicht nur um Maßnahmen wie das Vermeiden von Plastik oder das Einführen von Mehrwegsystemen. Nachhaltigkeit betrifft auch digitale Prozesse: papierlose Kommunikation, automatisierte Heizungs- und Lichtsteuerung oder transparente CO2-Bilanzen sind Beispiele für ganzheitliche Ansätze.

Ein Ausblick

Die Zukunft der Hotellerie wird nicht von der Zahl der gebuchten Zimmer entschieden, sondern von der Fähigkeit, Prozesse effizient zu gestalten, die Erwartungen neuer Gästegenerationen zu erfüllen und technologische Entwicklungen gezielt zu nutzen. Digitalisierung und KI sind dabei keine Allheilmittel – aber sie sind Werkzeuge, die helfen, betriebliche Herausforderungen strukturell zu bewältigen.

Was es dafür braucht, ist keine technische Spielerei, sondern strategische Klarheit: Wo steht das Unternehmen heute? Welche digitalen Reifegrade wurden erreicht? Wo bestehen Potenziale, und wie lassen sie sich wirtschaftlich sinnvoll heben? Die Antwort darauf entscheidet, ob volle Häuser auch in Zukunft gesunde Unternehmen bleiben.

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