Künstliche Intelligenz: Erschaffen wir gerade eine neue Spezies?

July 14, 2025

Künstliche Intelligenz (KI) hat sich zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt, die nicht nur die Art und Weise, wie Unternehmen arbeiten, revolutioniert, sondern auch die digitalen Weichen für die Zukunft stellt.

Digitale Sprechblasen auf einem Handybildschirm. Einer sagt AI, der andere "..."

Künstliche Intelligenz (KI) hat sich zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt, die nicht nur die Art und Weise, wie Unternehmen arbeiten, revolutioniert, sondern auch die digitalen Weichen für die Zukunft stellt. Als treibende Kraft hinter der vierten industriellen Revolution beeinflusst sie bereits heute nahezu jede Branche. Die Auswirkungen reichen von automatisierten Prozessen bis hin zur datengestützten Entscheidungsfindung. Die Frage ist also längst nicht mehr, ob KI unsere Zukunft prägen wird, sondern wie tiefgreifend ihr Einfluss die Menschheit verändern wird.

Ob selbstfahrende Autos, intelligente Sprachassistenten oder vollautomatisierte Prozesse – KI dringt in Bereiche vor, die einst als unantastbares Terrain menschlicher Expertise galten. Besonders in Schlüsselindustrien wie der Fertigung, im Gesundheitswesen und in der Datenanalyse hat KI bereits einen tiefgreifenden Wandel ausgelöst. Sie optimiert nicht nur Abläufe, sondern schafft auch neue Möglichkeiten, indem sie enorme Datenmengen analysiert, präzise Vorhersagen trifft und damit den Weg für eine effizientere, zukunftsorientierte Wertschöpfung ebnet.

KI bereits heute bei zahlreichen Unternehmen im Einsatz

Die Nutzung von KI in Unternehmen nimmt weltweit zu – und Österreich bildet hier keine Ausnahme. Laut aktuellen Daten von Statistik Austria setzen im Jahr 2024 bereits 20 % der österreichischen Unternehmen (mit mindestens zehn Beschäftigten) KI-Technologien ein, während es 2023 erst 11 % waren. Innerhalb nur eines Jahres hat sich der Anteil der KI-Anwender damit fast verdoppelt. Die Wachstumskurve zeigt weiter steil nach oben. Besonders große Unternehmen mit über 250 Mitarbeiter:innen sind Vorreiter dieser Entwicklung: Jede zweite Firma in diesem Segment nutzt mittlerweile KI-basierte Lösungen in ihren Betriebsabläufen. Demgegenüber bleibt die Zurückhaltung im Mittelstand bemerkbar – bei mittleren Unternehmen (50–249 Beschäftigte) liegt der KI-Einsatz bei rund 29 % und bei kleinen Betrieben (10–49 Beschäftigte) sogar nur bei etwa 18 %. Unter den KI-Anwendungen erfreuen sich Technologien wie Texterkennung und -verarbeitung besonderer Beliebtheit – rund zwei Drittel der KI-nutzenden Unternehmen setzen solche Text-Tools ein. Aber auch KI zur Sprachgenerierung, Datenanalyse oder Spracherkennung wird von vielen Firmen genutzt, wohingegen Bilderkennung und autonome Fahrzeuge noch Nischentechnologien im Unternehmensumfeld bleiben.

Allerdings nutzen nach wie vor vergleichsweise wenige kleine und mittlere Unternehmen diese Möglichkeiten. Bemerkenswert deutlich unterscheidet sich die Verbreitung von KI auch von Branche zu Branche. Während etwa der Informations- und Kommunikationssektor mit Abstand vorne liegt – hier verwenden aktuell über 60 % der Unternehmen KI – ist der Einsatz in der Bauwirtschaft oder im Gastgewerbe weiterhin gering. In der Bau-Branche setzen beispielsweise noch nicht einmal 10 % der Firmen KI ein (Stand 2024), und im Beherbergungs- und Gastronomiebereich liegt der Anteil bei nur rund 16 %. Die größten Hürden bei der Integration von KI sind nach wie vor der Mangel an Fachkräften sowie Unsicherheiten im rechtlichen Rahmen, was viele Unternehmen zögern lässt, das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen. Trotz dieser Herausforderungen wird erwartet, dass der Anteil KI-nutzender Unternehmen in den kommenden Jahren weiter stark ansteigt – nicht zuletzt, da die jüngsten Zahlen den dynamischen Aufwärtstrend eindrucksvoll bestätigen.

Stiehlt die KI unsere Jobs?

KI ist längst kein Zukunftsversprechen mehr – sie hat bereits Einzug in unseren Alltag gehalten und verändert die Art, wie wir arbeiten, grundlegend. Die exponentielle Geschwindigkeit, mit der einige Systeme dazulernen, lässt die Zukunft ungewisser erscheinen. Selbst KI-Expert:innen können die Richtung der Entwicklung daher nur begrenzt vorhersagen. Studien belegen, dass KI in Zukunft zwar weiter exponentiell wachsen und immer leistungsfähiger werden wird, unsere Vorurteile und Fehlannahmen jedoch oft dazu führen, dass wir ihr Potenzial unterschätzen.

Gleichzeitig warnen Fachleute eindringlich vor den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. So prognostizierte etwa eine Analyse der Investmentbank Goldman Sachs, dass weltweit bis zu 300 Millionen Arbeitsplätze durch KI gefährdet sein könnten. Diese Zahl mag alarmierend klingen, doch eröffnen sich durch KI auch Chancen, den bestehenden Fachkräftemangel zu lindern und völlig neue Jobprofile zu schaffen. Wie stark die Veränderungen letztlich ausfallen, wird von zahlreichen Faktoren bestimmt. Dazu gehören unter anderem:

  • Rechtliche Vorgaben und Regulierung, die den Einsatz von KI technologie- und branchenübergreifend steuern,
  • gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber KI-Systemen in Alltag und Arbeitswelt,
  • sowie die Fähigkeit von Unternehmen und Beschäftigten, sich flexibel auf neue Technologien einzustellen.

Nur wenn all diese Faktoren Hand in Hand gehen, kann das volle Potenzial der Künstlichen Intelligenz entfaltet werden. Betrachtet man historische Entwicklungen, haben technologische Fortschritte in der Vergangenheit aber auch stets neue Berufsfelder und Möglichkeiten eröffnet. Es ist also wahrscheinlich, dass auch im Fall von KI neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen entstehen – und Berufe, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

KI-Experte schlägt Alarm

Yoshua Bengio, ein renommierter kanadischer Informatiker, zählt zu den Pionieren der KI-Forschung und wurde 2018 mit dem Turing-Preis ausgezeichnet. Er warnt eindringlich vor den potenziellen Risiken der ungebremsten KI-Entwicklung. In einem Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“ betont er, dass wir möglicherweise dabei sind, eine „neue, klügere Spezies“ zu erschaffen – eine künstliche Entität, die intelligent(er) als wir ist und eines Tages die Kontrolle über zentrale Systeme und Infrastrukturen übernehmen könnte, sobald KI-Systeme eine kritische Schwelle an Leistungsfähigkeit erreichen. Bereits heute sehen wir besorgniserregende Anwendungen von KI, etwa in Form von täuschend echten Deepfakes, die zur Manipulation der öffentlichen Meinungsbildung eingesetzt werden. Doch die wirklich gravierenden Bedrohungen liegen in der Zukunft, wenn KI-Systeme zunehmend autonom agieren, sich vielleicht selbst verbessern und ihrer Kontrolle immer schwerer beizukommen ist. Diese Entwicklungen werfen drängende Fragen nach Regulierung, ethischen Grenzen und der Verantwortung der KI-Forschenden auf.

Bengio ruft daher zur globalen Zusammenarbeit auf, um rechtzeitig wirksame Regelungen und Sicherheitsmaßnahmen zu etablieren. Von global einheitlichen KI-Regeln sind wir allerdings nach wie vor weit entfernt. Zwar hat die EU in den vergangenen Jahren mit dem AI-Act einen ersten rechtlichen Rahmen für KI geschaffen (die Verordnung trat im August 2024 in Kraft), doch handelt es sich dabei nur um einen Anfang. Zahlreiche Aspekte – etwa im Bereich der offenen Forschung oder bei militärischen KI-Anwendungen – bleiben international weiterhin unreguliert. Bengio selbst betont, dass der europäische AI-Act zwar ein wichtiger Schritt sei, aber kontinuierlich verbessert und vor allem durch weltweite Abkommen ergänzt werden müsse. Letztlich, so seine Mahnung, müssen genügend Staaten verstehen, dass wir es bei KI mit einem globalen und existenziellen Risiko zu tun haben, das nur durch gemeinsame Anstrengungen gebändigt werden kann.

Künstliche Intelligenz als nächster Schritt der Evolution

Angesichts dieser Risiken fordert Bengio, dass KI-Systeme strengen Sicherheitsprüfungen unterzogen werden – ähnlich wie neue Medikamente oder Atomkraftwerke –, bevor sie breit eingesetzt werden. Zudem spricht er sich für die Einrichtung multilateraler, unabhängiger Forschungslabore aus, um die KI-Entwicklung unter demokratische Kontrolle zu stellen. So könne verhindert werden, dass die Macht über immer mächtigere KI in den Händen einiger weniger Tech-Konzerne oder einzelner Staaten liegt. Ein Wendepunkt für Bengio persönlich war die Veröffentlichung von ChatGPT Ende 2022. Er berichtet, dass ihm damals bewusst wurde, wie weit die KI-Entwicklung bereits fortgeschritten ist – das Sprachmodell schaffte es mühelos, in kurzen Interaktionen „als Mensch durchzugehen“. Diese Erkenntnis ließ ihn an die Öffentlichkeit gehen:

„Wir müssen auf globaler Ebene handeln, um die Kontrolle über diese mächtigen Technologien zu behalten, bevor es zu spät ist.“

Denn laut Google-Mitbegründer Larry Page ist Künstliche Intelligenz nichts anderes als „der nächste Schritt der Evolution“. Wie groß die Gefahr ist, dass uns diese neu entwickelte „Spezies“ wirklich auslöscht, kann gegenwärtig niemand genau einschätzen – und allein das ist doch schon beängstigend genug!

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